Everything happens for a reason
- Lotta

- 3. Okt. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Dez. 2021
„Lotta!“ Mein Kollege steht plötzlich hinter mir, als ich mir einen der ungenießbaren Vollautomaten-Kaffee in der Büroküche zubereite. Ich drehe mich zu ihm um. „Hast du mich erschrocken.“ Nervös fährt er sich durch die Haare. „Du weißt ja, dass ich bald in das neue Unternehmen wechsel…“ Er schaut in alle Richtungen, um sicherzustellen, dass wir alleine sind. „naja, wir suchen noch jemanden. Da hatte ich an dich gedacht.“ Er sieht mich erwartungsvoll an. Ich hingegen starre etwas überfordert und vergesse den durchgelaufenen Kaffee hinter mir. „Wow, das ehrt mich sehr aber weißt ja, ich will jetzt eigentlich nach Hamburg.“ Seit ich für das Studium 2015 weggezogen bin, war es immer mein Wunsch anschließend nach Hamburg zu ziehen. Die Bachelorarbeit zog mich aber vorerst aus dem 25.000 Einwohner Städtchen nach München. Nur für sechs Monate. Danach sollte es in meine Walheimat Hamburg gehen. Dass München mein Herz zu diesem Zeitpunkt im Sturm eroberte, damit hatte ich nicht gerechnet. Und somit wurden aus den sechs Monaten Bachelorarbeit noch sechs weitere Monate freiwilliges Praktikum bei einem Fernsehsender. Ich liebte München. Ich liebte es die Isar entlang zu spazieren, die vielen Cafés mit den super-healthy-forever-skinny-Bowls, den Viktualienmarkt mit den bunten Blumenständen, an denen ich eine halbe Ewigkeit stand bis ich mich für einen Strauß entscheiden konnte. Ich liebte das Leben im Englischen Garten, die Flunkyball spielenden und bereits taumelnden Jugendlichen, die Instagrammädels, die zum Showlaufen kamen und die plärrenden Kinder der Hipstereltern. Es war, als würde die ganze Welt an diesem kleinen Fleck zusammenkommen und das Leben feiern. Mein Mietvertrag in der WG würde in einem Monat auslaufen und bis dahin wollte ich einen Job und eine neue WG in Hamburg gefunden haben. Das war der Plan – ursprünglich. Mein Kollege sorgte in Nullkommanix dafür, dass mein Vorhaben ins Wanken geriet. Wieso sollte ich die Stadt, die ich doch so mochte, verlassen, wenn mir hier sogar ein ziemlich cooler Job auf dem Silbertablett serviert wird? Andererseits: Was würde in Hamburg auf mich warten? Ein noch besserer Job? Eine noch bessere Wohnung? Ein noch besseres Leben? Die Gedanken kreisten wie verrückt durch meinen Kopf. Was wäre wenn? Was dürfen wir erleben, wenn wir uns für den einen Weg entscheiden? Was verpassen wir dann auf dem anderen Weg?
Meine Entscheidung ist dann, im Januar 2020, auf München gefallen. Und ich bereue nichts. Ich war zu dem Zeitpunkt noch nicht bereit zu gehen. Nur ein Jahr später sah das schon wieder anders aus aber was hätte ich verpasst, wenn ich gegangen wäre? Viele traumhafte Sommerabende an der Isar, entspannte After Works mit meinen Münchner Kollegen, unzählige Lachanfälle mit meiner Mitbewohnerin. Was mir dadurch in Hamburg entgangen ist? Keine Ahnung. Das wird mir wohl nie jemand beantworten können, deshalb bin ich einfach nur dankbar für die zweieinhalb Jahre München. Für die Erfahrungen, die ich machen durfte, die Menschen, die ich kennengelernt habe und bin nun glücklicher denn je, genau jetzt in Hamburg zu sein. Mein Gefühl, dass ich mich hier endlich angekommen fühle, hat sich absolut bestätigt (mehr dazu liest du hier).
Oft fragen wir uns, warum wir diese eine Erfahrung machen mussten, wieso wir uns durch gewisse Situationen durchkämpfen mussten und womit wir dies und jenes verdient haben. Hätten wir uns für den anderen Weg entschieden, wäre das nicht passiert – oder? Ich glaube wir sind einfach noch „zu jung“, um zu verstehen, warum gewisse Ereignisse eintreten aber irgendwann werden wir zurückblicken und verstehen, warum alles ganz genau so gekommen ist. Warum wir verletzt wurden, warum wir bestimmte Erlebnisse durchstehen mussten, warum sich Menschen von uns getrennt haben, warum wir uns für genau diesen einen Weg entschieden haben. Durch manche Menschen auf unserem Weg erfahren wir auch erst, was genau wir nicht wollen und die führen uns schließlich zu den Menschen, die wir wollen. Nämlich zu denen, die unser Leben bereichern. Uns strahlen lassen. Bei denen wir einfach nur wir selbst sein können.
Ich glaube fest daran, dass alles seinen Grund hat.




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